Ab Start läuft eine große Frage mit: Sind die Hunde schon unterwegs? Ein Risiko und ein Mysterium – die Hundeausführungen finden mal früh mal spät statt – eine zeitliche Gesetzmäßigkeit ist nicht erkennbar. Hat man sich darauf eingerichtet, dass an Wochenenden die Hunde eher später herumtollen, gibt es am nächsten Wochenende Hunde, die sich daran einfach nicht halten. Wie sich laufend gegen Hunde wehren? Lange Zeit der Gedanke, eine Hochfrequenz-Pfeife zu erstehen, die bei Annährung eines Hundes betätigt wird. Ein Klick und schon ist nicht nur der Weg frei und gefahrlos, sondern der Hund auch noch besiegt. Ich sah mich auf dem Weg in eine freie Läuferzukunft ohne Unterbrechungen und Einschränkungen. Die Gewaltfantasie wurde nie in die Tat umgesetzt, die Hunde und ich laufen waffenungleich im selben Terrain.
Solange dieses Machtgefälle besteht, gilt die Regel „Gehen statt Laufen, wenn Hund nicht angeleint“. Das wiederum ist in 50% der Fälle Anlass für Hundeführer*innen zu einer freundlichen Meinungsäußerung. Standardsatz 1: „Sie können ruhig weiterlaufen“, oder, argumentierend, „Sie können ruhig weiterlaufen, der tut nichts“. Ambitionierte Hundehalter*innen führen einen Versuch durch. Versuchsanordnung: Der Hund soll sitzen bleiben, wo er gerade herumstreunt; ich bin der Test, ob es klappt. Oder: Sitzen „bei Fuß“ ohne festgehalten zu werden. Hier beweist dann ein laufender Läufer (das kann nur ein Anfänger sein!), dass es in wiederum 50% der Fälle nicht funktioniert.
Argumente statt Aggressionen
Hilfreich ist dann Standardsatz 2: „Der will nur spielen“ oder mit Begründung: „Der ist noch jung, der will nur spielen“. Oft ergibt sich aus solchen Situationen ein gutes Gespräch: Ich stelle dar, dass ich Hunde nicht einschätzen könne und nicht sähe, ob sie denn nun spielen oder beißen wollen. Und dass meine langjährige Lauferfahrung zeige, dass in 50% der Fälle die Hunde eben nicht an Ort und Stelle blieben. In der Regel verlaufen diese Gespräche in großem Einvernehmen, beide Seiten nehmen sich Zeit, die Argumente auszutauschen. Meinem 50%-Argument wird in der Regel verständnisvoll zugestimmt, um dann zu ergänzen „Aber bei meinem Hund könnten sie sich darauf verlassen, dass er sitzenbleibt“.
Der Preis für das gute Gespräch: Läufer*in friert anschließend zwar wie ein Schneider (Mundart, nicht gegendert!) und es ist anstrengend, wieder in Gang zu kommen. Dafür ist Läufer*in aber die zentralen Argumente losgeworden und die Gegenseite wird ihren Liebling künftig festhalten. Schön, dass derartige Konflikte gewaltfrei gelöst werden können. Was aber tun, wenn Argumente versagen, und der Hund auf mich losgeht oder ich meine, dass er vorhat das zu tun? Das habe ich einen Jungen von ca. 12 Jahren mit großem Hund gefragt: Er gab mir folgenden Ratschlag: Man sollte eine Flasche mit Mineralwasser in der Tasche haben, diese schütteln und dem Hund das Wasser ins Gesicht spritzen. Auf meine Frage, „hast Du das schon mal ausprobiert?“ die klare Antwort: „Nein, ich habe ja den Hund“.
Wie es der Zufall so will, kam beim Gespräch ein herrenloser Hund des Weges, „Luzi“ wie der Junge erklärte. Im Schlepptau von Luzi und im Laufschritt ein Bauer mit Besen und Geschrei: „Luzi verschwinde!“. Er erläuterte, dass der Hund ihm fürchterlich auf die Nerven gehe und ständig auf seinem Hof Unsinn mache. Für mich eine wunderbare Gelegenheit, schließlich hatte ich meinen Lauf ja noch nicht wieder aufgenommen, zu fragen, ob er mir einen Tipp geben können, wie ich beim Joggen mit Hunden umgehen könne. Antwort: „Einfach einen kräftigen Tritt in den Hintern, dann verziehen die sich“. Gut. Eine weitere Handlungsoption, langsam kann ich eine Checkliste erstellen.
Nicht alle Kontakte und Gespräch verlaufen harmonisch: Mitten im Wald Hund springt mich ein Boxer an, hängt mir quasi an der Brust, was nicht nur Angst, sondern auch Ärger auslöst. Meine zugegebenermaßen nicht freundliche Formulierung „halten Sie doch mal ihren Hund fest“, folgte prompt die Belehrung: „Der Hund hat genau das gleich Recht sich im Wald zu bewegen wie Sie!“ Nun gut, ob das meine Brust und mein Gesicht einschließt, wäre juristisch zu prüfen. Dazu kam es jedoch nicht, da es mir angesichts der Gesamtsituation klug erschien, den Ort des Geschehens gehend zu verlassen.
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